Landwirteforum der Volksbank Beckum-Lippstadt setzt sich mit dem Einfluss der Nutztierhaltung auf das Klima auseinander. Ernährungssicherheit und Klimaschutz müssen intelligent in Einklang gebracht werden.

Mehr als 140 Landwirte trafen sich nach vierjähriger Corona-Pause erstmals wieder zum Landwirteforum der Volksbank Beckum-Lippstadt in der Hauptstelle in Beckum. Gastredner war der Agrarwissenschaftler Wilhelm Windisch, Professor an der Technischen Universität München.

In seiner Begrüßung skizzierte Stefan Hoffmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Beckum-Lippstadt, die mannigfaltigen Anforderungen, die aktuell an die Landwirte gerichtet werden: „Wo es früher um Ernährungssicherheit ging, geht es heute auch um Tierwohl, Landschaftspflege, Umwelt- und nun auch noch Klimaschutz. Aus unseren vielfältigen Kontakten mit Ihnen wissen wir: Diesen gesellschaftlichen Anforderungen stellen sich die Landwirte ohne Wenn und Aber.“ Im Gegenzug würden sie jedoch erwarten, dass Leitlinie des Handelns nicht ideologische Überzeugungen seien, sondern Zahlen, Daten, Fakten und wissenschaftlich erwiesene Wirkungszusammenhänge. Das sei, so der Bankvorstand, in der gesellschaftlichen Debatte über die Landwirtschaft nicht mehr gegeben: „Komplexe Zusammenhänge werden simplifiziert und unzulässig verkürzt. Am Ende wird dann das Haferschnitzel zum Klimaretter und die Kuh zum Problem.“

Einen Beitrag zur Versachlichung bot der Vortrag des Agrarökonom Wilhelm zu den Wechselwirkungen zwischen Viehhaltung, Ernährungssicherheit und Klimafolgen. Dabei lag Windisch nichts ferner als die Herausforderung, vor der die Gesellschaft bei diesen Themen stehen, kleinzureden oder gar zu negieren. Im Gegenteil: Zu Beginn seines Vortrags stellte er heraus, dass aktuell ein Drittel der weltweiten Ernte an Mais und Getreide sowie drei Viertel der globalen Sojaernte an Nutztiere verfüttert werde. Und da für den Anbau der Pflanzen zum Teil Urwälder gerodet werden, werden Klima und Umwelt geschädigt. „Diese Fakten belegen, dass wir die Nahrungskonkurrenz durch Nutztiere in Zukunft vermeiden müssen – und zwar sowohl mit Blick auf Klima und Umwelt, aber auch mit Blick auf die Ernährungssicherheit“, so Windisch.

Bei der hinreichenden Versorgung mit Lebensmitteln können und müssen Tiere eine Rolle spielen, da bei der Produktion pflanzlicher Nahrungsmittel in erheblichem Maße nicht essbare Biomasse erzeugt wird. Windisch belegte den Zusammenhang anhand von Zahlen: „Ein Kilo pflanzliche Nahrung hinterlässt vier Kilo nicht essbare Pflanzenreste. Absolutes Grasland, also Flächen, die nass, steinig, steil, trocken oder auch in kalten Regionen sind, ist nicht ackerfähig, macht aber weltweit 70 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus, in Deutschland immerhin 30 Prozent.“ Hier müsse angesetzt werden und diese Potentiale müssen für die Ernährung der Weltbevölkerung genutzt werden, so der Agrarwissenschaftler.

Zudem leistet die Nutztierhaltung einen erheblichen Beitrag für den Stoffkreislauf. „Verfüttere ich die nicht-essbare Biomasse an die Tiere, schaffe ich nicht nur zusätzliche Nahrung, sondern auch noch hochwertigen Dünger“, stellte Windisch heraus. In einer Welt der rein veganen Nahrungsmittelproduktion würden Pflanzenreste ungenutzt verrotten. Der Stoffabbau würde unkontrolliert erfolgen und die Düngerwirkung wäre gering. Im Ergebnis sieht Windisch in der Nutztierhaltung mit Blick auf die Ernährungssicherheit einen doppelten Gewinn: Mehr Nahrung und eine effizientere Förderung der Pflanzenproduktion. „Im Ergebnis hat ein Glas Haferdrink ein Glas Kuhmilch im Gepäck.“

Auch mit Blick auf den Ausstoß klimaschädlicher Gase durch Wiederkäuer wie Schafe und Rinder bot Windisch interessante Zahlen: „Die Anzahl an Schafen sowie Rindern und damit die Emission des Klimagases Methan ist in Deutschland niedriger als im vorindustriellen Zeitalter.“

Am Ende seines eindrucksvollen und faktenreichen Vortrags warb Windisch für die Kreislaufwirtschaft. „Es gibt mit Blick auf Klima und Ernährungssicherheit ein Optimum der Anzahl an Nutztieren. Richtig gemacht ist die Kuh nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Viehwirtschaft entfaltet nur so lange eine schädliche Wirkung, wie für Menschen essbare Komponenten verfüttert werden, und sie auf Flächen erfolgt, die durch eine Änderung der Landnutzung beispielsweise durch die Rodung von Urwäldern entstanden sind.“